Egal. Komm, schluck´s runter. Sie schluckt es runter, immer wieder. Tut so, als machten ihr die spitzen Bemerkungen nichts aus, als habe sie ein Kreuz aus Stahl. Es beeindruckt sie nicht, dass sie in Meetings auf die Probe gestellt wird, dass sie sich Fragen stellen lassen muss, die keiner ihrer männlichen Kollegen beantworten muss. Es ist okay, dass sie das Gefühl hat, sich doppelt anstrengen zu müssen. Nur das alleine essen in der Kantine, daran gewöhnt sie sich nicht. „Ich war alleine essen“, sagt Mingming Liu, „das hat mir wirklich zu schaffen gemacht.“ Liu ist damals, Mitte der 90er-Jahre, General Manager bei Yunnan Hongta Blue Eagle Paper in China. Sie hält durch, trotz der Anfeindungen. Heute ist sie CEO und Präsidentin von Voith Paper Asia/Pacific, leitet das Asien-Geschäft des Papierspezialisten aus Heidenheim.
Auch wenn sich die Zahl weiblicher CEOs in China erhöht hat, genießt Mingming Liu noch immer Seltenheitswert: in chinesischen Vorständen gibt es nur acht Prozent Frauen, in geschäftsführenden Ausschüssen neun Prozent, stellt die Unternehmensberatung McKinsey in der aktuellen Ausgabe ihres „Women Matter“-Reports fest. Zum Vergleich: In Deutschland werden immerhin 16 Prozent der Vorstandsposten von Frauen besetzt. Was sich ändern muss, damit es mehr Frauen in Asien an die Spitze schaffen – und warum Frau Liu gegen eine Quote ist, lesen Sie in meiner aktuellen Geschichte: Warum Frau Liu allein in die Kantine gehen musste.