Die Henan Middle Road in Shanghai, Hausnummer 99. An den goldverzierten Türen in den oberen Stockwerken ist unschwer zu erkennen, worum es in dem Gebäude mit der Glasfassade geht: Um Gold, um sehr viel Gold. Hier, am Shanghai Gold Exchange, werden jeden Tag rund 50 Tonnen des begehrten Edelmetalls gehandelt, China ist inzwischen der weltweit wichtigste Abnehmer für Gold. Auf einer Digitalanzeige im Handelsraum sind die aktuellen Preise zu sehen, der Besucher kann dort auch die Tagesvolumina und die Höchstpreise ablesen. Alle paar Sekunden springt die Anzeige um, an diesem Vormittag wird viel gehandelt. Doch die Mitarbeiter an der Stirnseite des Raumes lassen sich nicht aus der Ruhe bringen – seit 12 Jahren schon läuft der Goldhandel der Volksrepublik über den Shanghai Gold Exchange (SGE).
Neu ist dagegen die Kennzeichnung „I“, die manchmal auf dem Display auftaucht. „I“ meint den Handel im internationalen Teil der Shanghaier Goldbörse. Seit Mitte September können internationale Banken und Edelmetallhändler über dieses Vehikel in China Gold kaufen. Damit versucht Shanghai, sich als internationales Goldhandelszentrum zu positionieren und langfristig London und New York Konkurrenz zu machen. Experten zufolge dauert das aber noch. Sie sehen den Beginn des internationalen Goldhandels in Shanghai eher als einen Schritt in Richtung der weiteren Liberalisierung des Renminbi. Denn obwohl die Ausländer in Shanghai in Offshore-Renminbi zahlen, wird nach dem offiziellen Renminbi-Kurs abgerechnet. „Sie bekommen ein Angebot in Renminbi und zahlen in Offshore-Renminbi“, sagt Jesse Yang, stellvertretender Direktor beim SGE. „Wir behandeln beide Währungen gleich.“ Wie das funktioniert – und was die Öffnung des chinesischen Goldmarktes für deutsche Anleger bedeutet – lesen Sie in meiner aktuellen Geschichte aus der WELT.