Zu Hause? Da wartet nicht viel. Die Modefirma, die sie mit ihrer Schwester führt, läuft nicht mehr, wegen der schlechten wirtschaftlichen Lage bleiben die Kundinnen weg. Schweren Herzens macht Hadas Zucker ihr Unternehmen in Tel Aviv zu. Was nun? Was soll sie tun? Für ihre Schwester ist die Sache klar. Sie hat zwei kleine Kinder und kann nicht mal eben weggehen, dorthin, wo vielleicht Arbeit zu finden ist. Doch Hadas hat keine Kinder und nicht viel, das sie in Israel hält. Zu lange schon ärgert sie sich darüber, dass die Stimmung im Land zunehmend schlechter wird, dass so viele ihrer Freunde den Kopf in den Sand stecken.
Als die Firma, die damals die Kleidung für ihr Modelabel nähte, sie einlädt, nach China zu kommen, springt Hadas sofort an. „Das klang super! Ich hatte ja nichts zu verlieren“, sagt die 32-Jährige, eine schmale Frau mit lockigen braunen Haaren, „warum also sollte ich es nicht in China versuchen?“ Die Israelin sagt ihrem Freund Goodbye und steigt ins Flugzeug. Ab nach Shanghai. Das war vor einem halben Jahr. Hadas Zucker hat inzwischen einen neuen Job, bei einer Designfirma. Die Entscheidung, nach Shanghai zu gehen, hat sich als die richtige herausgestellt. „In Israel wäre ich heute noch immer auf der Suche, wäre wahrscheinlich total frustriert“, sagt sie.
Mit diesem Gefühl – diesem „da muss doch noch mehr kommen“ – ist Hadas Zucker in Shanghai nicht allein. Mehr und mehr junge Europäer und Amerikaner strömen in die Stadt. Sie alle glauben, dass in der boomden Volksrepublik die interessanteren Möglichkeiten auf sie warten; dass sie besser in Shanghai oder Beijing arbeiten, als arbeitslos oder frustriert in ihren Heimatländern zu sitzen und zu warten. Angesichts der Krise in Europa hat sich dieser Trend noch verstärkt: So steigt die Zahl der Deutschen in China seit Jahren kontinuierlich, auf derzeit mehr als 20 000, wie das chinesische Meldeamt PSB angibt. Über 4800 Ausländer haben der Weltbank zufolge 2011 einen dauerhaften Aufenthaltstitel für China bekommen, auch das ist eine steigende Zahl. Anders als vor zehn oder zwanzig Jahren sind es heute nicht mehr nur die Abenteurer, die nach China strömen; nicht nur die, die es zu Hause nicht „geschafft“ haben oder die sich nirgendwo anpassen wollten, es sind gut ausgebildete Ingenieure, Designer, Graphiker, Juristen und Geschäftsleute. Zunehmend kommen sie direkt nach der Uni, wartet doch in Krisenländern wie Spanien, Portugal oder Griechenland nach dem Abschluss oft nur die Arbeitslosigkeit. Lesen Sie hier den ganzen Text aus der WELT: Karrierechance China.