Stuart MacDonald erkennt manchen seiner früheren Kunden kaum wieder. “Sie sind fordernder geworden, verlangen mehr”, erzählt der Finanzberater aus Edinburgh. Die Erklärung liegt für ihn auf der Hand: Seine Kunden wissen jetzt genau – in Prozent und als Geldbetrag – was die Vermögensverwaltung kostet, die er anbietet. Schließlich müssen sie ihn seit Anfang 2013 direkt bezahlen. Provisionen von Produktherstellern darf MacDonald nicht mehr annehmen. Der Basistarif, den seine Firma Balmoral Asset Management verlangt, liegt bei knapp 1000 Pfund pro Jahr, umgerechnet 1200 Euro.
“Das Problem ist, dass meine Kunden immer nur die 90 Minuten sehen, die ich mit ihnen zusammensitze”, sagt der Schotte. Dabei gingen für ein solches Gespräch noch einmal fünf bis 15 Stunden für die Vor- und Nachbereitung drauf. Er muss alles schriftlich festhalten und begründen, warum er das Finanzprodukt des Anbieters A und nicht das des Anbieters B empfiehlt. Zudem hat der Regulator in Großbritannien einen Mindeststandard für die Qualifikation der Berater gesetzt. “Das alles treibt die Kosten für die Beratung nach oben”, so der 45-Jährige, der vor 15 Jahren Balmoral Asset Management gründete.
MacDonald ist dennoch zufrieden: Der Markt für Beratung in Großbritannien sei in den vergangenen zwölf Monaten dank des Provisionsverbots professioneller geworden, die Qualität habe sich verbessert. “Die Kunden kaufen jetzt Beratung, nicht mehr ein Produkt”, sagt er. Das Vertrauen sei gestiegen. Deutschland ist davon auch im sechsten Jahr nach der Finanzkrise weit entfernt. Hierzulande dürfen Berater für den Verkauf von Produkten unverändert Provisionen von Fondsproduzenten oder Versicherern entgegennehmen. Was den deutschen Kunden dadurch entgeht, lesen Sie in unserer aktuellen Geschichte aus der WELT am Sonntag.