Es sieht überall gleich aus. Links vom Fluss, rechts vom Fluss, an der Brücke, an der U-Bahn-Station. Überall ragen dieselben Hochhäuser aus beigefarbenem Beton in den Himmel, werfen dieselben grün verspiegelten Scheiben das Sonnenlicht zurück, tragen die Häuser Hauben aus Glas und Beton. 33 Reihen lang wiederholt sich dieser Anblick.
Durch die Siedlung läuft die Zhongtan Lu, eine vierspurige Straße, in der Mitte geteilt durch einen hüfthohen Metallzaun. An den Hauseingängen stehen kleine Wachhäuschen mit Welldächern aus Plastik, die Autos müssen vor den Schranken warten, bis sie von den Security Guards durchgelassen werden. Eine Frau kommt angerannt. Sie streicht sich die langen schwarzen Haare aus dem Gesicht, schnauft, prustet. “Entschuldige”, sagt sie, “ich bin wieder falsch gelaufen.” Julia Zheng wohnt schon seit einigen Jahren hier. Trotzdem kommt es vor, dass sie sich verläuft, so wie heute.
“Es sieht halt alles gleich aus”, sagt die 50-Jährige und grinst schief. Das stimmt, die Siedlung ist eine mannigfache Wiederholung eines einzigen Entwurfs. Zwischen den Häusern führen Straßen und kleine Wege entlang, Orientierungspunkte gibt es keine. Wer nicht weiß, wo er hin muss, ist hier verloren. Nicht nur die Bewohner, auch Taxifahrer verirren sich regelmäßig zwischen den Hochhäusern in Brilliant City. Lesen Sie hier, warum Wohnen in Brilliant City von Chinesen trotzdem als Luxus empfunden wird – und warum das Konzept noch immer Vorbildcharakter für die fortschreitende Urbanisierung Chinas hat: Leben in der Massensiedlung – mit 50 000 Nachbarn.