In der Luft liegt ein durchdringender, säuerlicher Geruch. Schaffleisch, kein Zweifel. Bai Yuting zuckt die Achseln. Den Geruch nimmt sie schon lange nicht mehr wahr. „Das gehört zu unserem Geschäft dazu“, sagt die Chinesin. Der grüne Boden in der Halle ist frisch gewischt, die Maschinen summen vor sich hin. Trotz des Gestanks ist Bai Yuting stolz auf ihre Fabrik. 3000 Tonnen Fleisch werden hier, bei „Yiwei Halal Food“ in Yinchuan, pro Jahr verarbeitet, die Nachfrage wächst. „Yiwei“ heißt übersetzt „guter muslimischer Geschmack“. Das Unternehmen stellt Produkte aus Schaf- und Hammelfleisch her, die „halal“ sind, also nach den Vorschriften des Islam zubereitet werden. „Wir haben die Kapazitätsgrenze bald erreicht“, sagt Bai Yuting, „die Leute kaufen mehr und mehr Halal-Fleisch.“ Mehr als 70 Millionen Renminbi, umgerechnet etwa 8,35 Millionen Euro, setzt sie im Jahr mit ihrer Fabrik um, Tendenz steigend.
Neben Weinanbau ist die Verarbeitung von Halal-Fleisch inzwischen zum wichtigsten Wirtschaftszweig in Ningxia geworden, einer kleinen Provinz westlich von Peking. „Wir haben mehr als 1400 Firmen, die Halal-Fleisch herstellen“, sagt Bai Yuting, die gleichzeitig Sekretärin der Vereinigung für islamkonforme Lebensmittel in Ningxia ist. Knapp 190 Unternehmen werden speziell von der Regierung gefördert. Das geschieht jedoch nicht ohne Hintergedanken: Zwar hat auch China eine vergleichsweise große muslimische Minderheit, die sich halal-konform ernähren muss – im Reich der Mitte leben rund 20 Millionen Muslime – gleichzeitig eignet sich der Export des Fleisches, um Kontakte in arabische Länder zu knüpfen. Geschickt nutzen die Chinesen die Hui, die muslimische Minderheit in Ningxia, um ihr Verhältnis mit Ländern wie den Vereinigten Arabischen Emiraten, Bahrain und Malaysia zu verbessern. China will so neue Quellen für den Ölimport erschließen, mit Halal-Produkten soll der Handel mit arabischen Ländern angekurbelt werden. Dafür braucht es jedoch deutsche Technik, denn den Arabern ist die chinesische Fleischproduktion bislang nicht hygienisch genug. Yinchuan hat nun eine Kooperation mit der Stadt Oldenburg geschlossen, deutsche Maschinen sollen die Standards heben. Für meine aktuelle Geschichte aus der WELT habe ich mir die Halal-Produktion in Yinchuan genauer angeschaut.