Ein Donnerstagnachmittag, halb zwei. Lehrerin Elena Del Pozo begrüßt ihre Schüler in der Tufnell Park Primary School in London. Sie fragt einzeln die Namen ab, die Kinder schnipsen mit den Fingern. Es dauert eine Weile, bis sie still sind, dann geht der Unterricht los. Doch es ist keine Stunde wie jede andere: Zwei weiße Würfelschränke gehen auf, die Unterrichtsassistentin verteilt Laptops, auf jeden der runden Tische drei. Sie schaltet sie ein, während Lehrerin Del Pozo die Aufgabenstellung erklärt.
Ihre Schüler besuchen die dritte Klasse der Grundschule und sind zwischen acht und neun Jahre alt. Sie sollen mit dem Programmierprogramm Scratch einen interaktiven Zeitstrahl basteln, der die Geschichte der roten Londoner Busse erklärt. “Das veröffentlichen wir dann später in unserem Blog”, sagt die Lehrerin. “Aber wo fangen wir an? Wie starten wir noch mal das Programmierprogramm?” Einige Kinder zeigen auf, rufen die Tastenkombination in den Raum. Wenige Minuten später sitzen sie über die Tastaturen gebeugt, Del Pozo geht von Tisch zu Tisch, um die Programmierfortschritte der Schüler zu begutachten. Die 44-jährige Klassenlehrerin ist gleichzeitig Koordinatorin für die Coding-Klassen an der Grundschule im Nordosten Londons.
Ihr Fach ist deutlich wichtiger geworden: Programmieren ist seit September 2014 für Grundschüler und Mittelschüler verpflichtend, britische Schulen müssen es bereits in der ersten Klasse unterrichten. Ab der sechsten Klasse steht dann die Programmiersprache HTML auf dem Stundenplan in Tufnell Park. Dazu kommen viele freiwillige Arbeitsgemeinschaften, in denen die Kinder programmieren können, was sie wollen. So will die britische Regierung sicherstellen, dass aus ihren Schülern die Internet-Unternehmer von morgen werden. Warum das so wichtig ist – und warum Deutschland im Punkto Coding deutlich hinterher hängt, lesen Sie in meiner aktuellen Geschichte aus der WELT.