Das “China Ferry Terminal” in Kowloon. Hier kommen sie an, jeden Morgen, die Touristen vom Festland. Das Fährterminal ist bereits um acht Uhr morgens schwarz vor Menschen, die für einen Tag nach Hongkong reisen. Sie kommen, weil sie die Mischung aus westlichem und chinesischem Flair lieben, weil sie in Hongkong billiger einkaufen können und weil sie den Lebensmitteln, die in Hongkonger Supermärkten angeboten werden, mehr trauen als denen aus Mainland-China. Etwa 50 Millionen Touristen aus der Volksrepublik werden in diesem Jahr in Hongkong erwartet. Innerhalb eines Jahrzehnts wird sich die Zahl verdoppeln, schätzt Hongkongs Handelsminister Gregory So Kam-leung.
Die Hotelbetreiber und Einzelhändler freut das. Viele Hongkonger Bürger ärgern sich jedoch über die chinesischen Massen, die sich durch die überfüllten Straßen schieben. Schon für die rund 7,2 Millionen Menschen, die in Hongkong leben, ist die Stadt eigentlich zu klein. Langfristig, so fürchten die Hongkonger, könnte ihre Insel von China überrollt werden. Die Furcht ist groß, zu abhängig von der Volksrepublik zu werden. Auch deshalb protestieren die Studenten von “Occupy Central”, die in Admiralty im Zentrum Hongkongs mit ihren Zelten die Straßen blockieren. “Die Unzufriedenheit unter den Hongkongern ist groß”, sagt Siegfried Sin. “Hongkong ist zu sehr von chinesischem Geld abhängig, viele Läden passen ihr Sortiment an die Touristen aus dem Ausland an”, sagt der Student und verzieht ärgerlich das weiche Gesicht.
Es sind nicht nur die Touristenströme, die den Hongkongern die chinesische Übermacht vor Augen führen. Beim Immobilienkauf spüren sie die Konkurrenz ebenfalls: Für viele Festland-Chinesen sind Wohnungen in Hongkong angesichts der Beschränkungen auf dem heimischen Immobilienmarkt eine attraktive Form der Geldanlage. Auch bei der Jobsuche konkurrieren die Hongkonger zunehmend mit den Nachbarn aus der Volksrepublik. Wie das die Stadt und ihre Wirtschaft verändert, lesen Sie in meiner aktuellen Geschichte aus der WELT.